Hl. Donatus

Der heilige Donatus von Münstereifel

Achim Feldmann

 Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte Fassung des in den Heimatkundlichen Blättern Brand 13 (2002), S. 56-91 erschienenen Aufsatzes. Dort sind alle wissenschaftlichen Einzelnachweise und noch weitere Literaturangaben aufgeführt. Die Heimatkundlichen Blätter Brand sind erhältlich beim Heimatkundlichen Arbeitskreis im Bürgerverein Brand, Paul-Küpper-Platz 1, 52078 Aachen, Tel. 0241/52 68 80 (Bruno Kreus) oder 0241/52 32 63 (Willi Eschweiler). Fast alle Texte der aufgeführten Literatur sind als Kopien in einem Aktenordner in der Bibliothek des Heimatkundlichen Arbeitskreises einzusehen.

In einigen Ortschaften wird der hl. Donatus als Schutzpatron der Feuerwehr verehrt. Vielen ist er als Schutzpatron gegen Gewitter bekannt.

Donatus ist ein recht häufiger Heiligenname. Die Heiligen-Lexika nennen bis zu 122 Heilige mit Namen Donatus. Übersetzt heißt der Name – im übertragenen Sinne – ‚der (von Gott) Geschenkte‘. Im Mittelalter benannte man Personen, die bereits im Kindesalter einem Kloster zum späteren Eintritt in die Mönchsgemeinschaft übergeben wurden, oft mit diesem Namen. Heute wird Donatus (frz. Donat, ital. und span. Donato; weibl. Form Donata) allerdings nur noch selten als Taufname gewählt.

Unser Donatus wird zur Unterscheidung von den anderen Heiligen dieses Namens immer mit dem Zusatz ‚von Münstereifel‘ aufgeführt, da seine Reliquien sich in der Kirche des ehemaligen Jesuitenkollegs (heute Gymnasialkirche) in Bad Münstereifel befinden. Im Gesamtspektrum des katholischen Heiligenkanons handelt es sich nicht um einen besonders wichtigen Heiligen. In mehreren vielbändigen Kirchen- und Heiligenlexika taucht Donatus von Münstereifel gar nicht auf. Oft erhält Donatus, wenn er denn aufgeführt ist, nicht einmal einen eigenen Lexikonartikel, sondern wird nur innerhalb des Artikels eines anderen Heiligen (zumeist des Bischofs Donatus von Arezzo) erwähnt. Dies liegt daran, dass unser Donatus sehr oft mit anderen Heiligen des gleichen oder ähnlichen Namens verwechselt worden ist. Am häufigsten kommen Verwechslungen mit Donatus Bischof von Arezzo (Toscana, Fest 7. August) vor, außerdem mit Donatus Bischof von Besançon (Frankreich, Fest ebenfalls 7. August), mit einem Donatus aus Pfersee bei Augsburg, schließlich auch mit einem Heiligen namens Donatianus, Patron von Brügge (Belgien).

Fenster in der Kirche von Rindschleiden (L)

Ein Heiliger für Münstereifel

Seit 1625 bestand in Münstereifel eine Jesuitenniederlassung, die auch eine Schule einrichtete. In den 1640er Jahren plante man einen Kirchen- und Klosterneubau. 1649 wurde die Niederlassung in den Rang eines Kollegs erhoben, das einzige in dem weiten Raum zwischen Köln, Trier, Aachen und Koblenz. Im Jahre 1652 konnte der Grundstein zum Kollegbau und zur Kirche gelegt werden. 1670 wurde die Kirche zu Ehren des hl. Donatus konsekriert. Die etwa 25 Jesuiten leiteten ein bis zu 200 Schüler umfassendes Gymnasium, das die wichtigste Schule im gesamten Eifelraum war. Ein eigenes Gebäude erhielt sie aber erst 1727. Auch durch ihre Missionstätigkeit waren die Jesuiten für die gesamte Nordeifel von großer Wichtigkeit. Zur Bedeutungserhöhung ihrer Bauten besorgten sie in Rom die Reliquien des hl. Donatus.

Im Jahre 1646 waren die Reliquien dieses frühchristlichen Märtyrers in den Katakomben der hl. Agnes an der Via Nomentana im Norden der Stadt Rom aufgefunden worden. Der Jesuitenpater Balthasar Ballonus hatte sich dabei verdient gemacht und bekam dafür diese und viele andere Reliquien vom päpstlichen Generalvikar, Kardinal Martin von Ginetti, zum Geschenk. Auf dem aufgefundenen Grabstein sollen der Tradition nach nur die drei Worte „Sancti Donati Martyris“ gestanden haben sowie ein Schwert und ein Palmzweig abgebildet gewesen sein (die Quellen berichten darüber aber nichts). Außer diesen wenigen Fakten ist überhaupt nichts über die Person des Donatus, sein Leben, sein Wirken und die Umstände seines Todes bekannt. Da die hl. Agnes im Jahre 304 gestorben sein soll, wird seine Lebenszeit aber auf das 4. Jahrhundert angesetzt. Papst Innozenz X. (reg. 1644-1655) soll die Überreste aus dem Nachlass des Jesuitenpaters im Jahre 1650 den Jesuiten geschenkt haben, die sie für die gerade in Planung befindliche Kirche in Münstereifel bestimmten. Die Reliquien wurden zunächst von Rom zum Mutterkloster der niederrheinischen Ordensprovinz in Köln gebracht. Von hier aus überführte man sie über Land nach Münstereifel. Am 29. Juni 1652 kamen die Gebeine in Weingarten (gelegen zwischen Münstereifel und Euskirchen, heute Euskirchen-Kreuzweingarten) an, wo sie über Nacht auf dem Hochaltar aufgebahrt wurden. Sie sollten von hier aus am nächsten Tag in einem feierlichem Zug zum Bestimmungsort überführt werden.

Die Übertragung der Reliquien war ein großes kirchliches und gesellschaftliches Ereignis, das groß gefeiert wurde. Ein vierspänniger Triumphwagen fuhr die in einen kostbaren Zedernholz-Kasten gebetteten Gebeine. Geistliche, Beamte, Honoratioren, Bürgermiliz und unzähliges Volk aus der Stadt und weiten Gebieten der Eifel begleiteten den Wagen. Aus Münstereifel kam dem Zug eine Prozession entgegen. Unter Böllerschüssen wurde der Kasten zunächst auf einem Altar vor der Stadt im Freien aufgestellt. Danach wurde er in die Stadt geführt, bei den Fundamenten der neu zu erbauenden Kirche feierlich geöffnet, das Begleitschreiben verlesen und die Gebeine dem Volk gezeigt. Diese bestanden aus dem Haupt des Heiligen mit fünf ganzen und einem halben Zahn, sechs oder sieben großen und vielen kleineren Knochen sowie etwas Asche, einer muschelförmigen Steinlampe, drei großen Eisenringen, einer zerbrochenen Glasflasche sowie einem Gegenstand, dessen Bedeutung unbekannt blieb und von dem vermutet wurde, dass es das Marterwerkzeug sei. Es folgten die offizielle Grundsteinlegung der Kirche und danach ein feierliches Hochamt in der nahegelegenen Pfarrkirche. Schließlich kamen die Reliquien bis zur Fertigstellung der neuen Kirche auf den Altar der jesuitischen Michaelskapelle. In dem Bericht wird hervorgehoben, dass ein in der Nacht zuvor und am Morgen wütendes Unwetter sich verzogen und bei Ankunft der Reliquien strahlender Sonnenschein geherrscht habe. Dem Feiertag folgte eine achttägige Oktav. Der Oktavtag wurde noch einmal besonders festlich begangen. An ihm kam noch eine große Prozession aus Euskirchen hinzu. Der Ablauf der Feierlichkeiten ähnelte sehr denjenigen, die von den Berichten über die Ankunft anderer Katakombenheiliger in der Schweiz und Österreich bekannt sind – einschließlich des guten Wetters. Seit dem 30. Juni 1652 ruhen die Gebeine des hl. Märtyrers Donatus also in Münstereifel. Der Reliquienkasten, in dem die Gebeine nach Münstereifel gelangten, existiert heute nicht mehr. Das eigentliche Kultobjekt ist eine beinahe lebensgroße silberne Reliquienbüste, die 1656 gefertigt wurde. Sie zeigt den Heiligen mit reich verzierter Kleidung und Strahlenkranz, auf der Brust ist die Reliquienkapsel angebracht.

Statue des hl. Donatus in der Enelterkapelle bei Reckingen/Mersch

Der Wetterpatron

Der hl. Donatus wäre trotz des Pomps seiner Überführung sehr wahrscheinlich ebenso bedeutungslos geblieben wie hunderte andere unbekannte urchristliche Heilige, deren Gebeine im Laufe der Zeit von Rom aus über ganz Europa verteilt wurden, wenn nicht ein Zufall zu Hilfe gekommen wäre. Die folgende Begebenheit ist im Jahre 1652 in damals in den Tagebüchern der Jesuiten in Münstereifel aufgeschrieben worden. Hieraus wurde gute 50 Jahre später in einer großen 70bändigen Buchreihe, den so genannten ‚Acta Sanctorum‘, in der die Heiligenbiographien zusammengestellt sind, das Kapitel über den hl. Donatus entnommen. Aus diesen ‚Acta Sanctorum‘ stammt auch das nun folgende längere, aus dem Latein übersetzte Zitat: „Am Vortag unserer Feierlichkeit wurde einer unserer Patres namens Herde nach Euskirchen geschickt, (…) um von dort eine Schar Bittflehender zur Begegnung mit dem Heiligen Donatus hin zu führen und (später) wieder zurück zu bringen. Am Tag nach der feierlichen Übertragung (der Reliquien in Weingarten) begannen vor der Morgendämmerung Wolkenschwaden den Himmel zu verdunkeln und ein wahrhaft fürchterliches Unwetter hervorzubringen, das bald zum Ausbruch kam: die Wolken ballten sich, der Himmel donnerte und blitzte, und zwischen Donner und Blitz fielen Regenmassen herab. Um die Gemeinde einzustimmen, hielt der Pater am frühen Morgen am Altar der Heiligen Jungfrau in der Kirche zu Euskirchen eine Andacht über den heiligen Donatus. Weil sich die Stürme gemeinsam zum Unwetter erhoben hatten, hörte man erneut Donner und gingen die Blitze, die mächtig gegen die Hostien-Erhebung (während der Wandlung) und der (anschließenden) Kommunion zuckten, zum Schrecken aller mit hell leuchtendem Licht (knapp) an der Heiligen Hostie vorbei. (… Dem Pater kam) der Gedanke, für sich und die anderen die Hilfe des Heiligen Donatus anzurufen und ihn als Patron zu erwählen: nachdem dies dem Brauch gemäß geschehen war, führte er das Sakrament ungebrochenen Sinnes weiter. Als er sich am Ende der Messfeier umwandte, um die Gemeinde mit dem feierlichen Segen zu entlassen, wurde er von einem schweren Blitzschlag, wie von einer Kugel, die mit höchster Kraft aus einem Kriegsgeschütz geschleudert wurde, getroffen und halb tot zu Boden niedergestreckt. (…)

Die flackernde Feuersbrunst erleuchtete die Kirche. Aus dem oberen Teil des hohen Fensters waren große gemeißelte Steine herausgeschlagen, der feste Altarstein war stark beschädigt, das Leintuch, das in üppigen Falten um die Statue der Heiligen Jungfrau geschlungen war, fiel zu Boden, und das Altartuch brannte rund um den Kelch herum, und Verschiedenes war durch die Erschütterung hierhin und dorthin verstreut. Der Blitz verbrannte teilweise diese Gegenstände und durchlöcherte das Messgewand, er durchdrang sogar die Sutane und die Unterkleidung, mit denen der Priester bekleidet war, er verwundete außerdem seine Brust schwer mit einer blutenden Wunde, indem er das Zwerchfell wie ein Gürtel umgab; schließlich hinterließ er zwei Löcher im Gewand am Rücken, fünf bei den Füßen und brach (dann) in gerader Linie durch den Knöchel selbst bis zur unteren Sohle des linken Fußes durch, hinterließ eine blutige Linie und im Winkel des rechten Ellenbogens eine kreisförmige Markierung, außen gelb wie von Schwefel, innen schwarz fast wie von Schießpulver. Dennoch kostete ihn dieser Schlag nicht das Leben.

Damit noch deutlicher feststeht, dass ihm das Leben durch die Gunst des Heiligen Märtyrers bewahrt wurde, ist anzumerken, dass der Pater (…) eine halbe Stunde oder länger so ungeheure Brände in der Brust fühlte, dass man es kaum zu schildern vermag, und er glaubte, in einem fort vom Feuer ausgebrannt zu werden. Aber (…) als er wiederholt seine Hohe Hilfe anrief, Heiliger Donatus bitte für mich, (…) begann er allmählich aufzuatmen von der Glut, die zusammen mit übelriechendem und beinahe unerträglichem Gestank aus seiner Brust und seiner Kleidung aufstieg.

Es blieb eine Wunde an den Füßen zurück, die so vom Blitz verletzt waren, dass er auf ihnen nicht stehen konnte, weil die Fußknochen unterhalb der Knöchel verbrannt waren oder zumindest wie Wachs erweicht schienen. Dieses Leiden behielt er eine Stunde lang, bis nach wiederholter und häufiger Anrufung des Heiligen Donatus und der Annahme seiner Wünsche durch Jenen sich endlich die Fußsohlen festigten, so dass er zu Fuß, auf nüchternem Magen und ohne die ihm angebotenen Salben und Balsam anzunehmen von Euskirchen nach Münstereifel, nach einem Weg von fast drei Stunden, ohne Probleme mittags zurückkehrte“.

Das Blitzwunder des Pater Herde hatte noch nicht einmal direkt etwas mit den Reliquien zu tun, die ja eine halbe Wegstunde entfernt in Weingarten gelegen hatten. Aber die Münstereifeler erfuhren die Einzelheiten bereits an selben Tag aus dem Mund des Betroffenen selbst, der durch seine Tätigkeit in der Umgebung von Münstereifel weithin bekannt war. Dies muss für viel Aufsehen gesorgt haben. In Münstereifel litt Pater Herde noch etwa eine Woche an den Folgen des Blitzschlages. Vermutlich war dieses Unwetter das selbe, das sich bei Ankunft der Reliquien von Münstereifel verzogen hatte. Aufgrund dieses Vorfalls wurde die Prozession von Euskirchen um eine Woche verschoben; sie kam erst wie beschrieben am letzten Tag der Oktav in Münstereifel an.

Donatus-Statue hoch über den Weinbergen in Wintringen (L)


Nicht sofort nach diesen Ereignissen wurde Donatus als Wetterpatron betrachtet. Noch 1653 sah man ihn als Helfer in aller Not, bei Steinleiden, Blutfluss und Kopfschmerzen an. Erst nach etwa 1660 spezialisierte ihn der Volksglaube auf die spätere Wetterzuständigkeit. Donatus schützte fortan im Glauben der Menschen bei Blitz, Unwetter, Stürmen, Hagel und sonstigen Bedrohungen aus der Luft. Dazu konnten viele verschiedene Ereignisse gehören, etwa auch Meteoriteneinschläge. Im Zweiten Weltkrieg kam in Belgien und den Niederlanden auch der Schutz gegen Bombardierungen und sogar gegen den Beschuss mit den V1- und V2-Waffen hinzu. Die (vielleicht nicht zufällige) Namensanalogie zwischen Donar – Donner – Donatus mag bei diesem Patronat auch ein Faktor gewesen sein. Donar war in vorchristlicher Germanenzeit der wichtigste Wettergott und Feldfruchtbeschützer gewesen. Der heutige Volksglaube und viele Volksbräuche zeigen in sehr starker Weise das Nachwirken germanischer Religion, deren Vorstellungen zwar weitgehend christianisiert sind, aber bisweilen noch deutlich ihren Ursprung verraten.

Donatus-Statue hoch über den Weinbergen in Wintringen (L)

Volkstümliche Heiligenverehrung

Im Mittelalter waren der Stand der ärztlichen Wissenschaft und der Gesundheitspflege für Mensch und Vieh nicht besonders hoch, oft traten verheerende Seuchen auf. Gegen Wetter- und Naturkatastrophen war man vollständig machtlos. Gewitter sind seit Urzeiten immer sehr beeindruckende Erlebnisse gewesen, die die Menschen erschreckt haben. Es gibt eine Fülle von Mythen, Sagen und Märchen, die sich um das Gewitter ranken. Noch im Jahre 1881 war man der Ansicht, dass Unwetter „keineswegs reine Zufälle“ seien, sondern „oft Strafgerichte in der Hand Gottes, womit Er die Sünden der Menschen ahndet. (…) Nichts ist geeigneter, uns die zürnende Allmacht Gottes so anschaulich zu vergegenwärtigen, als die Erscheinung des Gewitters in der Natur, das mit seinem furchtbaren Donner die Erde unter unseren Füßen zittern macht und mit seinem schrecklichen Blitzstrahl die festesten Felsen spaltet, die stärksten Bäume zerschmettert und überall Tod und Trümmer zurückläßt.“ Zauberei, Meineid, Kirchenraub, Undank gegen Gott und alles, was die Ordnung der menschlichen Gemeinschaft, die sich zu Gott bekennt, schädigen kann, wurde im Volksglauben durch Blitzschlag und Gewitter gesühnt. Mancherorts herrschte aber auch die Ansicht vor, dass Dämonen und Hexen die Gewitter verursachen, oder sogar, dass Gott die Dämonen gewähren lasse, um die Menschen zu strafen. Versicherungen gegen Feuer, Hagel und Krankheit gab es noch nicht. Blitzschäden waren damals häufiger als heute, da Blitzableiter noch nicht verbreitet waren, und die Folgen eines Blitzeinschlages waren sehr viel verheerender, da die Häuser und Scheunen aus Holz gebaut und oft noch mit Stroh oder Schindeln gedeckt waren. Aus diesen Gründen waren die Sorgen der Landbevölkerung um Haus und Hof, die Gesundheit der Familie und des Viehs sowie das Gedeihen der Ernte sehr viel drängender als heute. Man musste sich irgendwo Hilfe verschaffen. Lange noch nahmen viele ihre Zuflucht zu magischen und abergläubischen Handlungen. Oft wurden ehemalige heidnische und spätere christliche Vorstellungen zu einem abergläubischen Gewebe verbunden, wonach man ständig gezwungen war, auf bestimmte Dinge zu achten oder anderen aus dem Wege zu gehen, um nicht von deren Auswirkungen betroffen zu sein. So durfte man bestimmte Pflanzen und Tiere nicht mit nach Hause nehmen, da sonst die Blitzgefahr heraufbeschworen werde. Andererseits behüteten gewisse Pflanzen vor Gewitter, etwa Haselnuss, Palmkätzchen und sogar die Weihnachtstanne. Ein Klapperstorchennest auf dem Dach schützte übrigens auch, ebenso der Wetterhahn, der ja nicht ohne Grund auf Kirchtürmen angebracht ist. Bei Blitz sollte man sich bekreuzigen und nicht unter der Tür stehen bleiben, Bibel- oder Gesangbuchverse und spezielle Gebete aufsagen oder geweihte so genannte ‚Wetterkerzen‘ anzünden. Auch Lärm und Geschrei schützte vor Gewittern, da mit ihnen die Dämonen verscheucht wurden. Dieser Glaube hat sich beim Polterabend und bei Silvester erhalten. Pauken oder Klappern waren bevorzugte Lärminstrumente. Auch Böllerschüsse oder Glocken konnten diese Aufgabe übernehmen. Der Glaube, dass der Schall von Glocken Gewitterwolken zerteile, ist schon viel älter. Geweihten Glocken sprach man eine noch größere Wirkung zu, am größten war sie, wenn die Glocke auf den hl. Donatus geweiht war. Im Rheinland war die Zahl solcher Weihen, besonders im 18. Jahrhundert, sehr groß. Von den Kirchenglocken war es dann nur ein kleiner Schritt, auch geweihten Donatusglöckchen oder -schellen diese Kraft zuzuerkennen. Allein Wohnende, zu denen der Schall der Kirchenglocke nicht hindringen konnte, mussten selbst für das Geläute sorgen. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war es in manchen Gegenden des Rheinlandes Brauch, bei Gewitter mit der Donatusschelle läutend durchs Haus zu gehen.

Mit der Christianisierung hatten im Glauben des Volkes vielfach die Heerscharen der Heiligen die Aufgabe übernommen, Mensch und Vieh zu schützen. Sie standen in direkter Nachfolge des alten Götterkultes. Im katholischen Volksglauben hat sich seit dem späten Mittelalter ein förmliches System ausgebildet, wonach einzelne Heilige bei Schmerzen für fast jeden einzelnen Körperteil und fast jede sonstige Not angerufen werden konnte. Der feine theologische Unterschied, dass nach offizieller katholischer Ansicht die Heiligen nicht selbst helfen, sondern nur bittende Fürsprache bei Gott einlegen können und damit lediglich als Mittler zwischen Gott und den Menschen dienen, war für das einfache Volk völlig belanglos. Volkstümliche Heiligenverehrung konnte (und kann) von ganz anderer Art sein, als es die liturgischen Formen der Amtskirche vorschreiben. Das christliche Volk hat viele Jahrhunderte hindurch ein so unglaublich großes Vertrauen zu seinen Heiligen und Nothelfern entwickelt, dass wir das heute kaum noch nachvollziehen können – einfach deswegen, weil keinerlei andere Schutz- und Hilfsmittel vorhanden waren. Hinzu kam später noch, dass das 17. und 18. Jahrhundert – die Zeit des Barock – besonders wundergläubig und auch die Praxis der Religionsausübung für den heutige Geschmack überaus schwülstig war.

Donatusstatue über dem Eingang der Kirche von Larochette (L)

Lebensbeschreibungen

Die ältesten Lebensbeschreibungen stammen aus der Zeit nach der Übertragung der Reliquien. Wie gesagt ist über das Leben des Heiligen absolut nichts bekannt. Keine einzige der Lebensbeschreibungen kann sich auf ältere Quellen stützen. Bei antiken Schriftstellern ist nichts über unseren Donatus überliefert, auch wenn dies hin und wieder von den Autoren der Andachtsbücher und Lebensbeschreibungen behauptet wurde. Es ist auch bezeichnend, dass die ‚Acta Sanctorum‘, die ja das Leben und die Taten mehrerer hundert Heiligen beschreiben, über das Leben des Donatus nicht ein Wort berichten können, sondern nur die Begleitumstände der Reliquienübertragung schildern. Doch die Menschen brauchten ‚Tatsachen‘, an die sie sich ‚klammern‘ konnten. Für das einfache Volk war eine Heiligenlegende nicht erfundene Dichtung, sondern wahre Geschichte, ein wichtiges Mittel der religiösen Erbauung und Volkserziehung. Diese Geschichte wurde nicht um ihrer selbst willen gelesen oder gehört, sondern um ihres mahnenden, warnenden und belehrenden Gehaltes willen. Im Mittelalter waren diese Legenden immer Sammelplatz der seltsamsten Wundergeschichten mit vielen Übertreibungen gewesen, wobei die jeweiligen Heiligen mit allen erdenklichen Tugenden und Stärken ausgestattet wurden. Da man kaum Einzelheiten kannte, wurde das Leben der Heiligen oft so dargestellt, wie man glaubte, dass es gewesen sein müsse. Erst durch eine Lebensgeschichte konnte ein Heiliger Volkstümlichkeit erreichen. So begann auch im Falle des hl. Donatus die Legende trotz der nur dürren bekannten Tatsachen kräftig zu blühen. Dem Gewitterheiligen wurde nachträglich eine passende Lebensgeschichte auf den Leib geschrieben.

Diese Lebensgeschichte existierte in mehreren Fassungen, die durch Andachts- und Erbauungsbücher verbreitet wurden. Hier wird sie nach einem anonymen Buch ‚Leben des H. Donatus, Glorreichen Blutzeugen, und Besonderen Schützers, in fürchterlichen Witterungen der Luft …‘, erschienen in München bei Franz Joseph Thuille im Jahre 1767,geschildert: „In diesem Zeitpunct ungefähr gegen Ende des zweyten Jahrhunderts, unter der Regierung des Kaisers Antonin blickte das Welt-Licht an unser grosse heiliger Donatus. (…) Seine Geburt ware vergesellschaftet mit allen Zeichen, welche grosse und erhabene Seelen kennbar machen, und überhaupt jene, welche Gott auserkiesen hat, um das Heil des Nächstens zu befördern.“ Geboren wurde er hiernach in Rom, sein Vater Faustus war „von hohem, und wohl verdientem Geschlecht“. Er war das einzige Kind, und seine Mutter Flaminia, eine Christin, ließ ihn taufen. Als Jüngling trat er in die Armee des Kaisers Marcus Aurelius (reg. 161-180) ein und kam in die Melitinische Legion, deren Soldaten zum größten Teil Christen aus Malta waren, und deren Anführer er bald wurde. Bei einer Schlacht gegen die Germanen im Jahre 176 (andere sprechen von 171) im heutigen Ungarn seien die Römer eingeschlossen worden und durch Mangel an Trinkwasser in eine ausweglose Lage geraten. Da ihre eigenen Götter ihnen nicht mehr zu helfen wussten, hätten die Römer als letzten verzweifelten Rettungsversuch die Christen gebeten, ihren Gott um Hilfe anzuflehen. „Kaum hatten sich die Christen auf ihre Knie niedergeworfen, so fienge der Himmel schon an, sich mit schwarzen Wolken zu überziehen; es erhube sich unter Donnern, und Blitzen ein heftiger Sturmwind, worauf ein starker Platzregen erfolgte, welcher das Lager des Römischen Kriegsheer überschwemmete, und also auf eine sehr seltsame Weis Menschen und Viehe erquickte. Hingegen aber fielen zu selbiger Zeit auf der Barbaren Lager Donnerkeil, Feuer, und ein entsetzlicher Hagel, wovon viele getödtet, und die übrige in solchen Schrecken, und Todesforcht geriethen, daß sie in größter Unordnung, und Verwirrung die Flucht ergriffen, sich in höchster Uebereilung selbsten tödteten, ihr eigenes Feld-Lager mit aller Haabschaft den Römeren zuruck liessen, welche sie alsdann verfolgten, und auf der Flucht eine grosse Anzahl niedersäbelten.“ Donatus‘ Einheit soll hiernach Legio fulminata (Donnerlegion) genannt worden sein. Eine solche Legion (die Legio XII) hat es tatsächlich gegeben. Donatus dankte Gott, indem er „selbigem auf eine besondre Art das wertheste und kostbareste, was er besasse, nemlich seine Seel, und Leib mit allem Recht aufgeopfert habe.“ Aus Dankbarkeit für seine Tat wurde Donatus vom Kaiser nach Rom berufen, zum Obristen seiner Leibwache gemacht, ihm seine Enkelin Alexandria zur Ehe versprochen und er sogar zu seinem Nachfolger bestimmt. Aber Donatus schlug alle Ehren aus, „sintemalen er erachtete, daß es seiner Seel vortheilhafter seye, beständig seinem gethanen Gelübd der Keuschheit nachzuleben, als den Vortheilen, welche die Welt anbietet, nachzustreben.“ Alexandria, „welche in den Donatus sehr verliebt war“, wollte ihn umstimmen und fing an, ihn mit ihren Liebreizen zu umgarnen – „in ihrem blühenden Alter, von einer ausbündigen Schönheit, reizenden Gebärden, und leutseligen Umgange. (…) Großer GOTT! was für Versuchungen!“ Als Donatus trotzdem standhaft blieb, keimten nach und nach Rachegefühle in Alexandria auf, die Liebe schlug in Hass um, und sie suchte nach Vorwänden, um Donatus verurteilen lassen zu können, fand aber „an diesem Tugendspiegel“ nichts. Schließlich verlangte sie ein Weihrauchopfer für ihren heidnischen Gott, was Donatus natürlich ablehnen musste. Daraufhin klagte sie ihn beim Kaiser an. „Sie liesse nicht nach, bis sie den Kaiser mit Anhalten, Klagen, und Weinen, so lang überredet, und dahin bewogen hatte, daß M. Aurelius endlich Donatus den Richtern überantwortete“. Donatus wurde zum Tode verurteilt. „Ihr eigener Pallast mußte die Schaubühn seyn dieser grausamen Mordthat, um ihre rachgierigen Augen an diesem traurigen Spectacul und Vergiessung des unschuldigen Bluts zu ersättigen.“ Seine Mutter begrub ihn auf dem Friedhof der hl. Agnes, wo er dann 1200 Jahre später wieder aufgefunden wurde. Soweit die Legende, die – wie erwähnt – durch nichts zu belegen ist.

Von dieser Legende leiten sich auch die Darstellungen des Donatus her. Auf der Verschlussplatte seines Reliquiengrabes in der ehemaligen Jesuitenkirche in Münstereifel ist er als römischer Krieger mit einer Getreidegarbe und einem Blitzbündel dargestellt als Zeichen, dass er die Felder schütze. Dies ist auch sonst die häufigste Darstellungsart. Auf manchen Abbildungen ist er auch mit Palmzweig (das Zeichen der Märtyrer) und Schwert gezeigt. Die vereinzelten Darstellungen als Bischof sind zurückzuführen auf die Verwechslung mit dem Bischof Donatus von Arezzo.

Die Verbreitung des Heiligenkultes

Als ‚Katakombenheilige‘ werden römische Christen des 4. Jahrhunderts bezeichnet, deren Überreste in den unterirdischen Grabkammern Roms gefunden wurden. Diese Gebeine sind als Reliquien weit verteilt worden insbesondere nach Süddeutschland, während nördlich des Mains nur sehr wenige überführt wurden. Außer Donatus blieben sie in der Verehrung völlig bedeutungslos, da sich hier – anders als in Süddeutschland – zumeist ältere Heiligenkulte halten konnten.

Auch die Verehrung von Heiligen, die sich insbesondere in der Wahl der Patrozinien von neu erbauten Kirchen oder Kapellen äußert, unterliegt gewissen – allerdings zeitlich ausgedehnten – Schwankungen, die man durchaus mit dem Begriff ‚Mode‘ umschreiben könnte. Die Verehrung bestimmter Heiliger hing von den Lebens- und Gesellschaftsumständen der jeweiligen Zeit und der jeweiligen sozialen Schicht ab. Während des frühen Mittelalters haben die adligen Ritter ihre Kapellen besonders gerne ritterlichen Heiligen geweiht, etwa Georg oder Martin. Später erwählten sich die Zünfte der Städte ihre eigenen Handwerkerheiligen, z. B. den Zimmermann Josef. Am Ende des Mittelalters treten bei der Patrozinienvergabe die Bauern stärker hervor und bevorzugten Nothelfer wie Isidor, Antonius, Notburga oder Wendelinus, später den hl. Donatus. Der Volksglauben hat immer eine ganz besondere Rolle bei der Verbreitung von Heiligen gespielt. Die Verbreitung von Legenden und Wunderberichten, die Ausbildung der Heiligenfeste und des daran anknüpfenden Brauchtums, Wallfahrten und andere Erscheinungen der Frömmigkeit haben auch dem Volk stets Einfluss auf die Bildung von Patrozinien gegeben. Auch die Missionstätigkeit bestimmter Orden war regional entscheidend. In der Zeit des Barock wurden vor allem die Jesuitenheiligen, z. B. Ignatius von Loyola, Franz Xaver oder eben auch Donatus, bevorzugt.

Neben dem hl. Donatus hat es auch eine Reihe anderer Heiliger gegeben, die bei Gewittern und Hagelschäden angerufen worden waren. Ihre Verehrung war durchgehend älter verwurzelt. Dazu gehörten etwa Blasius, Fridolin, Jakobus, Johannes der Täufer, die Märtyrerbrüder Johannes und Paulus, Laurentius, Ulrich und Urban sowie Agatha, die Mutter Anna, Barbara, Margaretha oder Maria Magdalena. Hinzu kamen eine Unmenge lokaler Patrone. Der hl. Donatus trat gewissermaßen als Konkurrenz zu diesen Heiligen auf, zumal sie meist von anderen Mönchsorden propagiert worden waren. Sogar bei den Jesuiten hatte es bereits einen Wetterpatron gegeben, den hl. Franz Xaver. Es ist zu vermuten, dass die Jesuiten in Münstereifel, um ihren neuen Heiligen zu fördern (und damit natürlich auch den Ort, der die Reliquien beherbergt, herauszuheben), die Verbreitung von Wundergeschichten im Zusammenhang mit dem hl. Donatus, die vielleicht teilweise durchaus auch auf realen zufälligen Ereignissen beruhen könnten, besonders förderten.

Die Donatus-Verehrung verbreitete sich natürlich zunächst im Eifel-Ardennen-Raum. Die Hauptver­breitungszeit waren die ersten Jahrzehnte bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Einzelne Sturm- und Hagelunglücke in verschiedenen Orten verstärkten diese Tendenz. Es wurden viele Statuen und Bildstöcke von ihm aufgestellt und sogar Donatus-Schauspiele aufgeführt. Es gab eine eigene Donatus-Litanei, Gebete und Gesänge wurden durch Andachtsbüchlein im Volk populär.

Die weitere Verbreitung als Volksheiliger geschah dann insbesondere weiter südlich im Erzbistum Trier bis Saarbrücken (jedoch nicht in der Pfalz). Da die Patroziniengebung der meisten Pfarrgemeinden im 17. Jahrhundert bereits abgeschlossen war, fand die Namengebung nach dem neuen Heiligen überwiegend nur bei Kapellen und Filialkirchen ihren Niederschlag. In der Nordeifel war er hingegen weniger verbreitet. Innerhalb des Bistums Aachen ist Donatus heutzutage außer in Brand nur in einer weiteren Pfarrgemeinde eigenständiger Pfarrkirchenpatron, nämlich in Harperscheid (Dekanat Schleiden), ansonsten nur noch fünf Mal Patron einer Kapelle: in Bend (Dekanat Stolberg-Süd), Daubenrath (Dekanat Jülich), Kirchberg (Dekanat Jülich), Schlich-D’horn (Dekanat Langerwehe) und Straß (Dekanat Kreuzau).

Von der Südeifel breitete sich seine volkstümliche Verehrung nach Luxemburg, Flandern, Nordfrankreich und die katholischen Gebieten der Niederlande aus. Danach kam Donatus auch nach Oberbayern, ganz vereinzelt nach Südschwaben, in die Schweiz, nach Österreich und Italien, nach Schlesien und Ungarn, später durch Auswanderer anscheinend auch bis in die USA.

Mittelpunkt der Donatus-Verehrung blieb Münstereifel. Hierhin kamen jetzt immer öfter Wallfahrten und Prozessionen. Als Fest des hl. Donatus ist der 30. Juni festgelegt, die Oktavfeier wurde zunächst am ersten Sonntag im Juli begangen, später auf den zweiten Sonntag des Monats verlegt. Hier strömte das Landvolk sowie Pilger aus weiter entfernten Gebieten zu Tausenden in die Stadt, in der die Gottesdienste mit großer Pracht gefeiert wurden. 1790 errichtete man auch eine Donatus-Bruderschaft, um seine Verehrung pflegen zu können. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts gab es auch andere Orte, zu denen Prozessionen zu Ehren des hl. Donatus zogen, z. B. Altscheid, Langenfeld und Zermüllen, alle in der südlichen Eifel gelegen. Da der hl. Donatus keinen offiziellen Namenstag im katholischen Kirchenjahr hat, wird sein Fest unterschiedlich begangen. In den meisten Gemeinden war der Festtag im Gefolge von Münstereifel der zweite Sonntag im Juli, vereinzelt auch der dritte, hin und wieder der 1. März, der fünfte Sonntag nach Ostern, der zweite oder dritte Sonntag im Mai, der Sonntag nach Christi Himmelfahrt, der Pfingstmontag und der Sonntag nach Fronleichnam. Der ebenfalls häufig vorkommende 7. August beruht auf der oben angesprochenen Verwechslung mit dem hl. Donatus von Arezzo.

Reliquienverbreitung

Mit der Ausbreitung der Verehrung waren bald auch überall Reliquien des Heiligen begehrt. Doch das Kolleg in Münstereifel blieb zunächst sparsam mit der Verteilung. Aus dem 17. Jahrhundert sind lediglich zwei Abgaben bekannt, im 18. Jahrhundert wurden es dann mehr (u. a. 1652 Salvatorkirche Münstereifel, 1665 Koblenz, 1709 Bonn, 1738 Kapuziner in Arlon (Belgien), 1766 Benediktinerabtei bei Luxemburg, im Jahre 1727 auch das St. Adalbert-Stift in Aachen für die dortige Donatus-Bruderschaft). Zunächst wurden überwiegend Jesuitenkirchen bedacht, später wurde dies auch auf andere Orden und sogar auf hochstehende inzelpersonen (z. B. die Kurfürsten von Köln und Trier und den Pfalzgrafen bei Rhein) ausgeweitet. Im 19. Jahrhundert schließlich bekamen viele Pfarreien Reliquienpartikel. Einige Reliquien stammten nicht aus Münstereifel, sondern direkt aus Rom, wo anscheinend ebenfalls noch einige Gebeine verblieben waren. Möglicherweise ist bei vielen Gemeinden auch irrtümlich eine Reliquie des Donatus von Arezzo im Altar eingelassen. Aber die Frage der Echtheit von Reliquien ist für ihre Verehrung sowieso nie von besonderem Belang gewesen.

Natürlich war der Verteilung von Reliquienpartikeln Grenzen gesetzt. Da aber sehr viele Menschen an den diesen beigemessenen Wunderwirkungen teilhaben wollten, musste man sich mit Berührungsreliquien behelfen. Man berührte mit Stoffen oder Heiligenbildchen die Knochen-Reliquien in Münstereifel, wodurch nach allgemeinem Glauben deren Wirkungskraft auf diese Gegenstände übertragen wurde. Die Stoffpartikel oder Heiligenbildchen wurden dann – oft auf Bittbriefe hin – verschickt, ein regelrechter Handel wurde betrieben. Die Jesuiten förderten diese Praxis natürlich aus eigennützigen Gründen: die Verehrung ihres Heiligen wurde besser verbreitet, und natürlich ging es auch um die daraus resultierenden Einnahmen. Die Donatus-Bilder mit einer Abbildung des Heiligen in Holz- oder Kupferstich sowie deutschem oder lateinischem Text kursierten bis Österreich, Italien und Ungarn. Das Problem des übertriebenen Reliquienmissbrauchs ist auch schon von einigen Zeitgenossen erkannt worden.

Die katholische Kirche erlaubt die Verehrung von Bildern, da hierdurch dem Urbild selbst – also dem jeweiligen Heiligen – die Huldigung dargebracht wird. Doch auch hier waren die Spitzfindigkeiten der offiziellen Lehre für das Volk nicht zu durchschauen. Dieses glaubte, dass den Bildern selbst diese Kraft innewohnte, die es von ihnen erhoffte. Man hielt Häuser, in denen ein Donatus-Bild aufgehängt war, gegen Hausbrände für geschützt, Ställe und Felder, wo es deponiert war, und Personen, die es bei sich trugen, gegen Blitzschlag und Unwetterschäden für gesichert. Manchmal wurden Donatus-Zettel auch in die Grundmauern eines Hauses eingelassen. Aus Euskirchen ist ein Fall bekannt, wo der Pfarrer Carman im Jahre 1782 nach einem Blitzeinschlag in der Kirche St. Martin (wo auch das Blitzwunder des Pater Herde stattgefunden hatte) und dem Brand von 13 Häusern der Stadt dennoch die Anbringung eines Blitzableiters, der 1752 von Benjamin Franklin (1706-1790) erfunden worden war, an der Kirche ablehnte mit der Begründung, eine Reliquie des hl. Donatus (die er im folgenden Jahr erhielt) genüge zur Sicherheit, und außerdem schütze diese nicht nur die Kirche, sondern den ganzen Ort. Später kamen Donatus-Kerzen, Medaillen und Anhänger, Gipsfigürchen und ähnliches auf. Auch das Donatus-Wasser erfüllte ähnliche Funktionen. Es erhielt seine Wirkkraft durch das Eintauchen einer Donatus-Reliquie oder wenigstens einer Berührungs­reliquie. Auf diese Weise war der Ausbreitung der wundertätigen Kraft natürlich keinerlei Grenzen mehr gesetzt. Aber – wie gesagt – die Menschen damals hatten ein lebensnotwendiges Bedürfnis nach solchem Schutz.

Wichtige Literatur zum hl. Donatus

Acta Sanctorum ex Latinis et Graecis, aliarumque gentium Monumentis, servata primigenia veterum Scriptorum phrasi, collecta, digesta, commentariisque et observationibus illustrata. Hg. von Jean Bolland und den Bollandisten. Bd. 1-68. Antwerpen/ Brüssel/Tongerlo/Paris 1643-1940, Neu 1966-1971 (Bd. 1-60) (Donatus siehe Juni, Bd. 5, Antwerpen 1709, S. 575-577)

Bruderschafts-Büchlein der Bruderschaft vom h. Märtyrer Donatus, errichtet in Brand, im Dekanate Cornelimünster im Jahre 1808, neu errichtet im Jahre des Heile 1899 (…). Aachen 1900, 21908

Peter Jacobs: Der Kirchenschatz St. Donatus, in: Heimatkundliche Blätter Brand 1 (1990), S. 21-29

Peter Jacobs/Jürgen Heinrichs: Die Glocken der Pfarre Sankt Donatus. Von Generation zu Generation: Begleiter unseres Lebens, in: Heimatkundliche Blätter Brand 10 (1999), S. 76-89

Robert Jeuckens: Geschichte von Gemeinde und Pfarre Brand (Veröffentlichungen des Bischöflichen Diözesanarchivs Aachen, Bd. 21). Aachen 1954

Christian Kratz: St. Donatus in Aachen-Brand. Aachen 2000

Leben des H. Donatus, Glorreichen Blutzeugen, und Besonderen Schützers, in fürchterlichen Witterungen der Luft, aus der französischen Sprache in die deutsche übersetzet, und ins Kurze gezogen von einem Verehrer desselben, im Jahr nach der Gnadenvollen Geburt unseres HErrn JEsu Christi 1764. München (Franz Joseph Thuille) 1767

Lexikon für Theologie und Kirche. Begründet von Michael Buchberger, 3. Aufl. hg. von Walter Kasper. Bd. 1-11. Freiburg u. a. 1993-2001 (Donatus siehe Bd. 3, Sp. 334)

Hubert Moll: Von Rom nach Münstereifel. Die Verehrung des Katakombenheiligen Donatus, in: Jahrbuch des Kreises Euskirchen 1992, S. 14-19

Beate Plück: Der Kult des Katakombenheiligen Donatus von Münstereifel, in: Jahrbuch für Volkskunde N. F. 4 (1981), S. 112-126

Andreas Schüller: Donatus als rheinischer Gewitter- und Feuerpatron, in: Pastor Bonus 39 (1928), S. 435-446

Franz Wallraff: Aus der Geschichte der alten Brander Pfarrkirche, in: Heimatblätter des Landkreises Aachen 3,1 (Jan. 1933), S. 15-19

Franz Wallraff: Die alte Brander Pfarrkirche, in: Heimatblätter des Landkreises Aachen 6,3 (Juli 1936), S. 13-14.

 Achim Feldmann

 Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte Fassung des in den Heimatkundlichen Blättern Brand 13 (2002), S. 56-91 erschienenen Aufsatzes. Dort sind alle wissenschaftlichen Einzelnachweise und noch weitere Literaturangaben aufgeführt. Die Heimatkundlichen Blätter Brand sind erhältlich beim Heimatkundlichen Arbeitskreis im Bürgerverein Brand, Paul-Küpper-Platz 1, 52078 Aachen, Tel. 0241/52 68 80 (Bruno Kreus) oder 0241/52 32 63 (Willi Eschweiler). Fast alle Texte der aufgeführten Literatur sind als Kopien in einem Aktenordner in der Bibliothek des Heimatkundlichen Arbeitskreises einzusehen.


Donatusdenkmal zwischen Alscheid und Merkholtz (L)

Donatusverehrung in Pintsch (L)

Die Pfarrei Pintsch (Kiischpelt) erhielt ihre Reliquie im Jahre 1748. Sie wurde in ein schönes Reliquiar eingefasst, das vermutlich vom Viandener Goldschmied Franz Carl Felsenhart (ca 1701-1782) hergestellt wurde.

Im gleichen Jahr wurde eine mitgliederstarke Donatusbruderschaft gegründet und die gesamte Pfarrei (immerhin neun Dörfer) unter den Schutz des beliebten Heiligen gestellt. Für die erste Jahrhunderfeier liess Pfarrer Nic. Dernoeden (1843-1876) beim heutigen Friedhof in Pintsch eine Donatuskapelle errichten.

Hundert Jahre später verstand es Pfarrer Jos. Hurt (1945-1952), die Bewohner seiner Pfarrei für die Donatusverehrung zu begeistern. Die zweite Jahrhundertfeier ging in die Geschichte ein durch die beeindruckende Aufführung seines Freilichtspieles „Kischpelter Donatispill“, wo fast die gesamte Jugend aus der weitläufigen Pfarrei mitwirkte.

Bis heute haben die Einwohner des Kiischpelt sowie die angrenzenden Pfarreien Eschweiler, Knaphoscheid, Merkoltz und Kautenbach an der Tradition der Donatusverehrung und Wallfahrt festgehalten. Nicht nur der Pfarrer pflegt hier zu sagen: „Den Hl. Donatus hëlleft!“ Diese Überzeugung ist ein Teil gelebten Christentums vieler Menschen, die weiterhin auf die Kraft Gottes und die Fürsprache der Heiligen vertrauen, um Geborgenheit zu erhalten und ihr Leben in sicheren Händen zu wissen.

Donatusdenkmal zwischen Alscheid und Merkholtz (L)

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Eine Antwort auf „Hl. Donatus“

Ein Bild vom hl. Donatus steht am linken Seitenaltar (schmerzhafter Altar) in der Pfarrkirche „Maria Heimsuchung“ in 85461 Bockhorn/Obb.
und wurde bisher nicht viel beachtet.

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